Vor 135 Jahren: „Heilsarmee-Invasion“ ins Kaiserreich
Die Heilsarmee in Deutschland und das Korps Stuttgart feiern diesen Monat ihr 135. Jubiläum. Wir danken Gott für seinen Segen und sein Wirken durch die Heilsarmee. Wir vertrauen, dass Christus noch einiges mit diesem Teil seiner Gemeinde vorhat und freuen uns auf den weiteren gemeinsamen Weg mit ihm.
Wie alles begann
Im Jahr 1884 herrschte im deutschen Kaiserreich große Aufregung. Eine Armee aus dem Ausland drohte ins erst 13 Jahre zuvor gegründete Reich einzumarschieren. Bekannte Persönlichkeiten, darunter zwei Professoren, machten die Bevölkerung auf die drohende Gefahr einer Invasion durch diese Armee aufmerksam. Ganze drei Bücher wurden zu diesem Thema geschrieben, darunter ein 280 Seiten umfassendes Werk.
Zuvor hatte ein deutscher Staatsbürger beim Oberbefehlshaber der betreffenden Armee persönlich vorgesprochen. Er riet General William Booth dringend ab, eine Delegation seiner Armee nach Deutschland zu entsenden, denn die Heilsarmee sei in Deutschland nicht notwendig. Doch es nützte alles nichts.
Vor nunmehr 135 Jahren, am 14. November 1886, fand die erste Versammlung dieser seltsamen Bewegung in Stuttgart statt, wenige Wochen nach der „Invasion“ Deutschlands durch Stabskapitän Fritz Schaaff, seiner Gattin Pauline und einer Leutnantin Gohlke. Ganz heimtückisch war der Umstand, dass die Armee aus der scheinbar neutralen Schweiz einmarschiert war und dass die beiden Schweizer Frauen Pauline hießen. Wohl ein Verwirrungsmanöver ...
Gegenwind für die Heilsarmee
Wie Stabskapitän Schaaff aufgrund seiner Erfahrung in der Schweiz vermutet hatte, wurden die Gottesdienste oft durch betrunkene Störenfriede unterbrochen. Unentwegt hielten die Pioniere Abendversammlungen von Montag bis Freitag und am Sonntag deren drei. Wenn die Obrigkeiten eingriffen, so war es oft, um die Arbeit der Salutisten zu erschweren, indem sie anordneten, dass die Gottesdienste zu einem Zeitpunkt stattfinden mussten, wenn viele Menschen noch arbeiteten und mit der Zeit wurden nur Menschen zugelassen, die eine eigenhändige persönliche Einladung vorweisen konnten. Diese Beschränkung der Bekenntnisfreiheit fand ausgerechnet im Land statt, in dem König Friedrich II hundert Jahre zuvor den Satz geprägt hatte „Jeder soll nach seiner Fasson selig werden“, nicht etwa nach dem heutigen Verständnis, dass es keine Rolle spielt, woran man glaubt (oder auch nicht glaubt), sondern als Aufforderung zur Toleranz gegenüber religiösen Minderheiten und Einwanderer wie Hugenotten und Katholiken.
Diese Fakten sind dem Buch „Revolutionäres Christentum“ von Max Gruner, entnommen, der das Kapitel über die Entstehung der Heilsarmee in Deutschland mit folgenden Worten schließt:
135 Jahre später hat sich vieles um uns gewandelt, aber eines bleibt unverändert: Gott offenbart sich weiterhin weder durch Kraft noch menschliche Stärke, sondern durch Menschen, die sich von seinem Heiligen Geist erfüllen und inspirieren lassen. Ich wurde ganz neu vom Vertrauen dieser Pioniere inspiriert und mit dem Wunsch erfüllt, Gott mehr zuzutrauen, wie herausfordernd unsere Aufgabe auch erscheinen mag. Ganz neu erklangen in mir die Worte aus dem Heilsarmee Lied 355, das mich mein Leben lang begleitet hat und dessen Wahrheit ich ganz ehrlich immer wieder bezeugen kann:
Ihm sei’s gegeben ganz und gern.
Er gibt zum Werke das Gedeih‘n,
Sein ist die Stärke, ewig sein!
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