von Jakob-Junker-Haus Männerwohnheim

Obdachlosigkeit überwinden

Autor Richard Brox und Maren Siewert, Leiterin des Männerwohnheims der Heilsarmee in Hamburg, über die Herausforderungen der Obdachlosigkeit und den Weg in ein selbstbestimmtes Leben.

„Ich war ohne Obdach. Obdachlos. Ein Blick zurück auf mein elterliches Haus. Ein graues hässliches Haus in einem ebenso hässlichen Stadtteil von Mannheim. (…) Ich war stocknüchtern und fror trotz des milden Frühlingswetters. Die Uhr zeigte etwa elf, allzu lange hatte das Leerräumen wohl nicht gedauert. Allmählich geriet ich in Panik, dazu gesellte sich Wut. Der Boden war mit unter den Füßen weggezogen worden.“

So beschreibt Bestseller-Autor Richard Brox seinen ersten Tag als obdachloser Mensch, auf den noch 30 Jahre ohne Wohnung folgen sollten. Nur zwei Plastiktüten mit dem Allernötigsten konnte er mitnehmen, als er mit Anfang 20 die Wohnung seiner Eltern räumen musste. Und diese wenigen Habseligkeiten wurden ihm gleich in seiner ersten Nacht in einer Notunterkunft gestohlen. Heute berichtet Richard Brox über seine Erfahrungen und geht mit Menschen über das Thema Obdachlosigkeit und entsprechende Hilfsangebote ins Gespräch. Im März besuchte er das Jakob-Junker-Haus, ein Wohnheim für Männer der Heilsarmee Hamburg und las dort vor mehr als 60 Bewohnern und Besuchern aus seiner Biografie „Kein Dach über dem Leben“.

Richard Brox beschreibt in seinem Buch sein Leben auf der Straße.

In Hamburg bietet die Heilsarmee Menschen in Not an drei Standorten Unterstützung an. In der Beratungsstelle Park-In am Oststeinbeker Weg kümmern sich Fachleute um Menschen mit Suchterkrankungen. An der Talstraße auf auf St. Pauli bietet die Heilsarmee im sogenannten „Heimathafen“ Gemeinschaft, warme Mahlzeiten, Kleidung, die Möglichkeit zum Duschen und Sozialgespräche an. Und im Jakob-Junker-Haus an der Borsteler Chaussee finden wohnungslose Männer eine Unterkunft, Beratung und Hilfe. Für Hundebesitzer stellt die Einrichtung sogar tiergerechte Wohncontainer zur Verfügung. „Das ist wichtig, denn für viele obdachlose Menschen sind Hunde die einzigen Freunde, die sie auch vor Gefahren auf der Straße beschützen“, erklärt Maren Siewert, die das Wohnheim leitet.

Im Rahmen seiner Lesung gab Richard Brox einen tiefen und bewegenden Einblick in sein Leben. Als er obdachlos wurde, war er kokainabhängig. Die Sucht habe sein Gehirn und seine klare Sicht vernebelt, so Brox. Die Anwesenden interessierte, wie er seine Sucht überwunden habe. „Seit ich 13 Jahre alt war, war ich von Kokain abhängig.“, erklärte Brox, „Im November 1989 stand ich auf einer Brücke und wollte springen, weil ich so am Ende war und nicht weiterwusste. Ich konnte nicht mehr. Mein letzter Versuch war, dass ich nach Heidelberg zur Suchtklinik ging. Ich drohte dort, mich umzubringen, wenn sie mir nicht helfen. Auf meinen Wunsch hin wurde ich in die geschlossene Abteilung aufgenommen. Ich schloss die Therapie ab, seitdem bin ich clean.“ Seiner Erfahrung nach, so der Autor, könne man nur die Sucht überwinden, wenn man es selbst wirklich will. Die Hilfe von außerhalb sei wichtig, aber der eigene Wille notwendig.

Viele Besucher interessierten sich für die Autobiografie über das Leben eines Obdachlosen.

Was müsste sich ändern, damit die Lage für Obdachlose besser wird? Auch das wollten die Lesungsbesucher von Richard Brox wissen. Er schilderte, dass Sozialdienste obdachlose Menschen häufig von Bundesland zu Bundesland weiterreichten. „Es sollte in der Verfassung jedes Bundeslandes verankert sein, dass jeder Mensch ein Recht auf Arbeit, Ausbildung und Wohnraum hat und diese zur Verfügung gestellt werden müssen, ohne Wenn und Aber. Zurzeit können obdachlose Menschen das so nicht einfordern. Doch hier in Hamburg ist es die Heilsarmee, die sich stark für die obdachlosen Menschen einsetzt.“ Maren Siewert bestätigte seine Worte: „Das Herz für Gott und die Hand für die Menschen. Das ist es, was wir hier in Hamburg tun. Wir helfen unseren Bewohnern dabei, ihren Alltag zu bewältigen und ihre Suchtprobleme in den Griff zu bekommen. Das Ziel ist, sie wieder startklar für ein selbstbestimmtes Leben zu machen.“

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