von THQ

Interview und Abschied von der Kommandeurin Marie Willermark

Liebe Kommandeurin Marie Willermark, in der Juni Ausgabe des HA-Magazins zitierten Sie das Gleichnis vom Pflügen ohne zurück zu schauen. Und Sie ließen uns teilhaben an einem Lebensstil, der sich zuerst an Gottes Reich orientiert. Viel Weisheit, über die es sich nachzudenken lohnt.

Ein Abschied ist nicht leicht. Die Arbeit, die man angefangen hat, muss man übergeben. Menschen, die einem liebgewonnen sind, muss man verlassen. Auch wenn neue Herausforderungen auf Sie warten, bleiben viele Erinnerungen. Nicht immer ist es möglich, sich persönlich von allen ausführlich zu verabschieden. Daher freuen wir uns, dass Sie, liebe Kommandeurin, unsere Fragen beantworten und uns ein paar persönliche Worte auf den Weg geben.

Liebe Marie Willermark, bevor Sie ins Amt der Kommandeurin berufen wurden und die territoriale Leitung für Deutschland, Litauen und Polen übernahmen, waren Sie Territorialleiterin für Schweden und Lettland. Was haben Sie damals über die Heilsarmee hier gedacht, was war ihr Eindruck aus der Ferne?

Ich hatte noch nicht viele Gelegenheiten, Deutschland kennen zu lernen. Mir war bekannt, dass die Deutschen im Umgang miteinander sehr korrekt sind und eher formell im Gegensatz zu Schweden. Doch wir sind alle Kinder Gottes und begegnen uns wie Brüder und Schwestern. Natürlich hatte ich auch gehört, dass nach der Wende Korps in den neuen Bundesländern eröffnet hatten. Das war ein gutes Zeichen nach rund 60 Jahren Stillstand.

Wie war das damals, als Sie im Juni 2016 Ihr Amt als Kommandeurin aufnahmen, gab es Grundsätze an denen Sie sich als Territoriale Leiterin orientiert haben?

Ich wollte möglichst schnell die Menschen kennenlernen und mehr von der Arbeit der Heilsarmee hier erfahren. Mit meinen Kolleginnen und Kollegen im Kabinett führte ich anfangs ausgiebige Gespräche, und auch die Leitungskräfte der Fachabteilungen am THQ lernte ich schnell kennen. Gespannt war ich natürlich auf die Leitungskräfte in den Korps und Einrichtungen, die mit ihren Teams die Ärmel hochkrempeln und die für uns so wichtige Arbeit an der Basis leisten.

Mein wichtigstes Prinzip als Kommandeurin war es, völlig unvoreingenommen an die Dinge heranzugehen. Denn nur so konnte ich offen auf die Menschen zugehen, ihnen zuhören und verstehen, was sie bewegt, welche Herausforderungen es an den unterschiedlichen Standorten gibt und was gebraucht wird.

Ich war sehr beeindruckt von der großen Energie unserer Leute. An vielen Orten gibt es gute Entwicklungen. In den Korps habe ich diese Energie gespürt. Aber auch die vielen Projekte, die hier auf den Weg gebracht werden. MC Turtle ist nur eins von vielen ermutigenden Beispielen.

Nun waren Sie für drei Jahre das Gesicht der Heilsarmee in Deutschland und haben die Arbeit und das geistliche Leben hier geprägt. Auf welches Ereignis oder welche Aufgabe blicken Sie besonders gerne zurück?

Eine ganz wunderbare Erfahrung war die erste Silvester-Freizeit. So viel positive Energie und die Geradlinigkeit der jungen Leute hat mich sehr beeindruckt. Wie sie mitten in Berlin auf der Straße junge Menschen angesprochen und mobilisiert haben, das war schon sehr imponierend. Sehr beeindruckt war ich auch von der großen Bandbreite und der Vielfalt, mit der auf die Bedürfnisse von Menschen in Wohnungsnot eingegangen wird. Einzigartig sind auch die Sozialzentren in Nürnberg.

Wir hatten aber auch Entscheidungen zu treffen, die für das Kabinett nicht einfach waren, zum Beispiel über den Verkauf des Ferienzentrums in Plön. Ein Ort, der für uns alle mit vielen Emotionen verbunden ist. Natürlich gab es innere Konflikte bei mir und meinen Kollegen im Kabinett. Inzwischen habe ich meinen Frieden damit gefunden und mit den anderen Entscheidungen, die für die Reorganisation nötig waren. Nun kann die Organisation sich finanziell erholen und hat gute Voraussetzungen, um sich von Grund auf neu aufzustellen. Ich danke den Kabinettsmitgliedern und allen Beteiligten für ihre Unterstützung bei diesen schwierigen Entscheidungen.

Doch grundsätzlich nehme ich viele sehr gute Eindrücke aus den Korps mit. Die Leute sind sehr zuversichtlich und engagiert. Sie tun ihr Bestes, um Menschen unermüdlich mit unserer Botschaft von Jesus zu erreichen. Das hat mich sehr beeindruckt und mich sehr zuversichtlich gestimmt.

Kommandeurin Willermark, ich habe Sie als stets positive und freundliche Person kennen gelernt, mit dem Talent, Menschen – sowohl im Glauben als auch im Tun – zu begeistern. Gibt es trotzdem etwas, das Sie beim nächsten Mal anders machen würden?

Im Leben allgemein und insbesondere mit Jesus ist es immer eine Frage des Hier und Jetzt. Nur wenige Dinge lassen sich kopieren, jeder Tag bietet neue Situationen und neue Herausforderungen. Lediglich die Grundsätze unseres Handelns sollten beständig sein, auch wenn die Situation jedes Mal eine andere ist. Ich erwarte weder von mir noch von anderen, dass wir immer perfekt sein müssen. Fehler passieren, auch wenn wir die besten Absichten verfolgen. Ich denke, das ist Gottes Weg, um uns Demut und Bescheidenheit zu lehren.

Manchmal zweifeln wir oder sind unsicher, ob wir den richtigen Weg gehen. Was tun Sie, wenn Sie der Mut einmal verlässt?

Was auch immer wir tun, wir sind Teil eines Kontextes. Ich bin nicht alleine, sondern stehe immer im Dialog mit Gott. Ich spreche mit den Menschen, teile unsere Ansichten und kann daraus Kraft schöpfen. Manchmal müssen wir innehalten oder uns neu organisieren, manchmal werden die Probleme so groß, dass wir in Tränen ausbrechen. Dann ist es wichtig, dass wir ehrlich mit unseren Gefühlen umgehen. Lassen Sie uns in den Austausch mit Gott und den Mitmenschen gehen. Haben Sie Vertrauen und schauen, was sich daraus entwickelt.

Nach den Erfahrungen, die Sie hier gemacht haben, welche Herausforderungen sehen Sie für die Heilsarmee in Deutschland allgemein und insbesondere für die Korps und Einrichtungen?

Angesichts der großen Umbrüche in der Kirche finde ich es bemerkenswert, mit welcher Zuversicht die Menschen Gott begegnen und es gibt eine große Bereitschaft für Veränderung. Viele Menschen in unserer Nachbarschaft wollen etwas Gutes tun und Nächstenliebe praktizieren. In unseren Korps finden sie eine starke Willkommenskultur und eine Gemeinschaft im Glauben. Ich wünsche mir, dass wir diese guten Voraussetzungen nutzen und weiter ausbauen. Daher müssen auch unsere Programme flexibel sein, um Menschen jeden Alters und mit unterschiedlichen Bedürfnissen zu erreichen.

Das sind ermutigende Worte. Was wünschen Sie der Heilsarmee in Deutschland und was möchten Sie den Mitgliedern in den Korps und Einrichtungen mitgeben?

Ich wünsche mir sehr, dass die vorangegangenen Entscheidungen ihre Wirkung nicht verfehlen und zu guten Ergebnissen führen. Für unsere Mission wünsche ich jedem Korps und jeder Einrichtung, dass sie ihre Arbeit mit Heiterkeit fortführt. Orientiert euch weniger an den alten Mustern und Erwartungen. Es ist nicht wichtig, wie wir früher die Dinge gemacht haben. Blickt stattdessen nach vorne und lasst euch von dem neuen Geist des Aufbruchs ermutigen und inspirieren. Und große Ermutigung finden wir stets in Gott.

Im Gottesdienst verfahren wir häufig nach dem Muster: jemand leitet, ein anderer predigt und eine Gruppe Leute hört zu. Lasst uns mit der formellen Kommunikation brechen und den persönlichen Dialog suchen. Wir könnten fragen, „wie geht es Dir“? Mit der Absicht wirklich hinzuhören und zu antworten. Das ist viel besser als die üblichen einstudierten Phrasen. Zeigt wirkliches Interesse und lasst zu, dass Menschen euer Herz erobern.

Sicherlich lässt sich das Prinzip des Hinhörens und des persönlichen Interesses auf andere Lebensbereiche übertragen. Liebe Kommandeurin, vielen Dank für die ermutigenden Worte und das angenehme Gespräch. Im Namen aller Mitglieder wünsche ich Ihnen einen segensreichen Start für Ihre neuen Aufgaben.

Das Interview führte Manfred Simon im Juni 2019.

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