Ein offenes Ohr am Bollerwagen
Streetwork Osnabrück kümmert sich um die Odachlosen der Stadt
An den Tischen rund um das Historische Rathaus gibt es mittags keinen Platz mehr: Die Touristen genießen die warme Frühlingssonne. Auch in der benachbarten Einkaufszone herrscht Betrieb: Vor der Eisdiele hat sich eine lange Schlange gebildet. Osnabrück, die viertgrößte Stadt Niedersachsens, wirkt am Freitagmorgen leicht und unbeschwert. Doch leider gibt es auch eine Schattenseite. “Wir gehen davon aus, dass rund 130 Menschen die Nacht auf der Straße verbringen”, sagt Heinz Hermann Flint vom Sozialdienst Katholischer Männer (SKM) in Osnabrück. Rund 600 Menschen seien mittlerweile wohnungslos. Flint ist zur Eröffnung des Leuchtturms, einem Begegnungscafé der Heilsarmee, in die Johannisstraße gekommen. Die Zahl der Obdachlosen steige auch hier in Osnabrück kontinuierlich. Im vergangenen Jahr, so Flint, waren es 120, Mitte 2023 noch 85 Personen. 2013 seien es vielleicht 30 oder 40 gewesen, erinnert sich der Fachbereichsleiter.
Heinz Hermann Flint vom SKM arbeitet eng mit der Initiative "Streetwork in Osnabrück" zusammen. Die Gruppe kümmert sich seit zwölf Jahren um die Obdachlosen der Stadt. Die 15 Männer und Frauen stammen aus unterschiedlichen Kirchen, viele von ihnen aus der Heilsarmee. Mit einem Bollerwagen, bepackt mit Butterbroten, Kaffee und Trinkwasser, machen sich Mitglieder jeden Samstag auf den Weg, um obdachlose Bürgerinnen und Bürger in der Innenstadt zu besuchen. Und das bei jedem Wetter. “Wir nehmen uns Zeit und haben ein offenes Ohr für die Nöte der Menschen, denen sonst kaum einer Beachtung schenkt”, sagt Mathias Sochocki, der das Projekt ins Leben gerufen hat. “Wir hören zu, beraten und vermitteln Ansprechpartner in der Stadt”, sagt er. Und natürlich haben die Helferinnen und Helfer auch christliche Literatur im Bollerwagen. Ab und zu frage auch jemand nach dem Neuen Testament. “Neulich wollte ein junger Mann, dass ich für ihn bete”, berichtet er.
Sein “Schlüsselerlebnis”, wie er sagt, liege dreizehn Jahre zurück: “Ich sah eine Frau in der Fußgängerzone, sie zitterte, es war sehr kalt“, erzählt Mathias Sochocki. Er bat ihr seinen Tee an. „Sie wärmte ihre Hände, nippte immer wieder vom heißen Tee. Dann strahlte ihr Gesicht - nur wegen einer Tasse Tee!”, sagt der pensionierte Maschinenbauer. Seitdem ist Mathias Sochocki mit seiner Frau Helga und dem Streetwork-Team auf den Straßen von Osnabrück unterwegs. 2022 trat er etwas kürzer und übergab die Leitung der Gruppe an Lothar Grafe, der selbst auf der Straße gelebt hat und über die Heilsarmee zum Glauben fand.
Mit dem Cafe Leuchtturm gibt es jetzt ein Angebot, das auch die obdachlosen und wohnungslosen Bürgerinnen und Bürger in Osnabrück anspricht. "Kaffee, Kuchen und Raum für Gespräche - das ist für unsere Arbeit eine gute Ergänzung. Darauf haben wir gewartet ", sagt Mathias Sochocki. “Wir begrüßen das sehr”, ergänzt auch Heinz Hermann Flint vom SKM. “Das Café ist sehr zentral gelegen, das wird bestimmt gut angenommen.”