von Geistliches Leben

Der Gestank seiner Füße

Nachfolgender Text ist ein Auszug aus der Ausgabe 21/2014 des Heilsarmee-Magazins.

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Im Jahr 1980 war ich in London an der Offiziersschule der Heilsarmee. Zu meiner Ausbildung gehörte auch ein zweiwöchiges Praktikum in einer Sozialeinrichtung. Zurück an der Schule, tauschten wir Schüler unsere Erfahrungen aus und erzählten uns, was wir gelernt hatten. Ein Kollege, der in einem Männerheim gearbeitet hatte, erzählte die folgende Geschichte:

„Eines Abends sollte ich bei der Versorgung eines alten Mannes helfen. Er war gerade von der Straße hereingebracht worden, wo er monate-, wenn nicht jahrelang gelebt hatte. Der Mann war in einem erbärmlichen Zustand. Er starrte vor Schmutz, sein Bart war lang und verfilzt, er trug viele Schichten schmutziger Kleidung. Der Einrichtungsleiter bat mich, diesem Mann die Füße zu waschen. Ich gebe zu, mir wurde speiübel, als ich seine Stiefel auszog.

Der Gestank seiner Füße war furchtbar. Die Socken hatte er so lange getragen, dass sie quasi bereits ein Teil seiner Haut geworden waren. Ich holte eine Schüssel Wasser und Handtücher und dachte, dass das wohl das Schlimmste war, was ich jemals tun musste.

Dann kniete ich mich vor dem Mann nieder und versuchte nicht zu atmen. Ich hob einen seiner Füße an und stellte ihn in die Schüssel – und plötzlich überwältigte mich ein Gedanke. Vor meinem inneren Auge sah ich, wie Jesus beim letzten Abendmahl seinen Jüngern die Füße wusch. Ja, ich konnte fast hören, was er zu ihnen sagte (Johannesevangelium, Kapitel 13, Verse 14 und 15):

‚Wenn nun ich, der Herr und der Meister, euch die Füße gewaschen habe, sollt auch ihr einander die Füße waschen. Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.‘

In diesem Augenblick veränderte sich meine Einstellung. Ich tat nun genau das, was Jesus den Menschen, die ihm nachfolgen, aufgetragen hatte.“

Nun sind wir sicherlich nicht aufgefordert, immer jedem Menschen die Füße zu waschen. Ich denke, wir werden gebeten, Menschen auf eine demütige und einfache Weise zu dienen – ohne Ansehen der Person.

  

Philippa Smale

 

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