von Geistliches Leben

Besprochen wird hier nix

Nachfolgender Text ist ein Auszug aus der Ausgabe 6/2015 des Heilsarmee-Magazins.

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Seit fast einem Jahr plagt eines meiner Kinder ein Problem. Als die ganze Sache anfing, sich zu entwickeln, sprachen wir gelassen von einem Hühnerauge. Die nerven tierisch, doch irgendwann gehen sie auch wieder weg – soweit die Theorie. Wir behandelten die Sache in drei Therapieschritten:

  1. Ignorieren
  2. Fußbäder
  3. Chemie

Nach dem Verkleben zahlloser Packungen von Hühneraugenpflastern – zunächst sporadisch, später akribisch und mit verbissener Regelmäßigkeit angewandt – kamen wir zu einem Tiefpunkt. Das unerwünschte „Auge“ wuchs fröhlich vor sich hin und ließ sich durch nichts vertreiben. Die bis dahin entspannte Mutter bekam Gewissensbisse. War dies vielleicht kein gewöhnliches Hühnerauge, sondern eine besondere Erkrankung, die nun, völlig unverantwortlich, über Monate hinweg unerkannt wuchern durfte? Eine Mutter kann diesen Gedanken nicht lange ertragen und schleppt ihr Kind nun doch entschlossen zum Kinderarzt. Dieser besah sich die Sache und diagnostizierte eine „Fußwarze“. Dagegen könne man nicht viel machen – es gäbe zwar einige recht schmerzhafte Möglichkeiten, sie zu entfernen, aber dann kämen sie doch immer wieder. Als er ein Kind gewesen sei, hätte ein Hautarzt seine Warzen mit Erfolg „besprochen“. Da er aber kein Wunderheiler sei, wolle er das in unserem Fall nicht versuchen. Nicht, dass ich ihm das erlaubt hätte. Warzen besprechen lassen? Solchen okkulten Zauber würde ich nicht an die Füße meines Kindes lassen. Wir verließen also, noch immer warzengeplagt, die Praxis. Auf dem Heimweg sagte ich zu meinem Kind: „Also, Zaubersprüche sagen wir der Warze nicht vor. Aber weißt du was? Wir beten jetzt einfach, dass Gott die Warze abfallen lässt.“

Gesagt, getan. Fortan wurde die Warze nicht mehr behandelt, sondern Gott gebeten, dem Leiden ein Ende zu machen. Heute Morgen um 6.48 Uhr ein Freudenschrei aus dem Badezimmer: „Mama, meine Warze ist abgefallen!“ Hat mich das überrascht? Nein. Aber begeistert. Da soll noch mal einer sagen, es hätte keinen Sinn, alle Probleme mit Gott zu besprechen.

 

Anni Lindner
ist Heilsarmee-Offizierin
und lebt mit ihrer Familie in Berlin.

 

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