von Geistliches Leben

Annie Swan bringt den Stein ins Rollen

Wie die Heilsarmee dazu kam, gegen Menschenhandel vorzugehen

Wir befinden uns in London und schreiben das Jahr 1885. Die Industrialisierung schreitet voran. Die Unterschiede in der Bevölkerung sind riesig. Da sind die adeligen Familien und die bürgerliche Oberschicht auf der einen Seite und die Unterschicht auf der anderen Seite. Das Elend der einfachen Arbeiter ist von Alkoholmissbrauch, Hunger und prekären Wohnsituationen geprägt. Der Wochenlohn ist knapp bemessen und reicht nicht einmal für das Nötigste. Den Ausweg aus diesem Dilemma sehen manche Familien darin, ihre Töchter zu „verkaufen“. Billige Hausmädchen werden immer wieder gesucht und manche Mutter denkt, dass ihre Tochter in einer Dienstbotenuniform besser aussieht, als in den Lumpen, die sie jetzt trägt. Und genug zu essen scheinen die Mädchen auch zu bekommen. Dass dies eine Masche der Bordellbesitzer ist, merken sie meist gar nicht oder viel zu spät.

Bordelle und die Prostitution gibt es schon immer. Dass es im England des 19. Jahrhunderts zu einem Problem wird, hat zwei Gründe: Zum einen ist laut Gesetz jedes 13-jährige Mädchen mündig und kann freiwillig in die Prostitution einsteigen. Zum anderen gibt es viele reiche Ehemänner die auf ein sexuelles Abenteuer aus sind. Da scheint es besser zu sein, ab und zu eine Prostituierte aufzusuchen, als die Ehe wegen einer Geliebten aufs Spiel zu setzen. Der „Wunsch nach Frischfleisch“ wird geraden von den jüngsten Mädchen gestillt. Daher kommt ein Gesetz das das Mündigkeitsalter auf 16 Jahre heraufsetzt nicht durch das Parlament.

Annie Swan bringt den Stein ins Rollen. Sie ist mit dem Gedanken, Hausmädchen zu werden, nach London gekommen. Viel zu spät merkt sie, dass Zuhälter sie nach London gelockt haben, um sie willig zu machen, ihren Körper zu verkaufen. Sie kann ihren Peinigern entkommen und wendet sich an die Heilsarmee. William und Bramwell Booth wissen um das Problem der Prostitution. 800 dieser Mädchen konnten in Heimen der Heilsarmee aufgenommen werden. Aber jetzt ist die Zeit gekommen, etwas Grundsätzliches zu unternehmen.

Bramwell Booth sucht einen furchtlosen Helfer, den er in dem Journalisten William T. Stead als Verbündeten findet. Stead, der Herausgeber der „Pall Mall Gazette", will zunächst nicht glauben, was Booth ihm da berichtet. Sie interviewen mehre Mädchen und merken, in was für ein Wespennest sie da gestoßen sind. Das Ausmaß der Prostitution ist größer, als zunächst vermutet. Sind es doch 80.000 junge Mädchen und Frauen, die allein in London zur Prostitution gezwungen werden. Stead will beweisen, dass es in London möglich ist für fünf englische Pfund ein Mädchen zu kaufen und dass die Polizei tatenlos zusieht. Eine ehemalige Bordellbesitzerin, Rebekka Jarret, die sich inzwischen bekehrt hat, besorgt ein Mädchen welches 13 Jahre alt ist. Natürlich kommt Eliza Armstrong so ihr Name nicht in ein Bordell, sondern in die Obhut der Heilsarmee.

Stead schreibt einen ersten Artikel. Die Pall Mall Gazette verkauft sich rasant. Den Zeitungsjungen werden die Exemplare aus der Hand gerissen. Gebrauchte Zeitungen werden für ein dreißigfaches des normalen Preises weiterverkauft. Die Oberschicht fühlt sich angegriffen. Die Bombe ist geplatzt und hat ihren ersten Zweck erfüllt. Der Innenminister Sir William V. Harcourt bittet Staed die Artikelserie einzustellen. Doch der denkt nicht im Traum daran. Weitere Artikel folgen. Nun werden die Bordellbesitzer aktiv und greifen das Verlagsgebäude der „Pall Mall Gazette“ an. Zur gleichen Zeit wird im Parlament der Gesetzesentwurf eingebracht, damit das Mündigkeitsalter der Mädchen von 13 auf 16 Jahre hochgesetzt wird. Aber es gibt immer noch Widerstand.

Nun kommt die Heilsarmee ins Spiel. Catherine Booth schreibt an Königin Victoria und den Premierminister Galdston. Gleichzeitig sammeln die Mitglieder der Heilsarmee 393000 Unterschriften in der Bevölkerung. Die Leute sind der Meinung, dass etwas unternommen werden muss.

Die Offiziere der Heilsarmee bringen eine meterlange Rolle ins Parlament. Mitte August 1885 kommt eine Untersuchungsgruppe zu dem Ergebnis, dass alles, was William T. Stead herausgefunden hat der Wahrheit entspricht. Das Gesetz geht nun glatt durch das Parlament und zudem wird die Polizei ermächtigt, bei begründetem Verdacht sofort und ohne lästige Formulare in Bordellen Razzien durchzuführen.

Einen Haken hat die ganze Sache doch. William T. Stead, Rebekka Jarret und Bramwell Booth werden wegen Mädchenhandel 12 Tage lang verhört. Während der Journalist und die ehemalige Bordellbesitzerin für jeweils drei Monate ins Gefängnis müssen, wird Bramwell Booth freigesprochen. Nach seiner Entlassung präsentiert sich Stead stolz den Fotografen in seiner Gefängniskleidung. Sein Leben endet tragisch, er kommt als Passagier der Titanic ums Leben.

Für die Heilsarmee war die Aufdeckung des Mädchenhandels und die Gesetzesänderung ein großer Erfolg.
Bis zum heutigen Tag führt die Heilsarmee ihren Kampf gegen menschliches Leid und bleibt damit der berühmten Rede, die William Booth in der „Royal Albert Hall“ hielt treu:

Solange ein Mädchen am Straßenrand wartet, will ich kämpfen

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