von Entwicklung geistlichen Lebens (EGL)

Nehmt einander an wie Christus euch angenommen hat

Gedanken zur Jahreslosung 2015

Nehmt einander an, wie Chrsitus euch angenommen hat zu Gottes Lob.

Römer 15,7

Unsere Versammlungen haben seit einigen Jahren ein neues Element: die Lobpreiszeit. In Wahrheit hat sich vor allem die Form verändert. Denn Loblieder wurden zu allen Zeiten gesungen. Ein besonderes Gotteslob entsteht, indem Glaubensgeschwister in Eintracht beisammen sind (Ps. 133,1). Die Jahreslosung im Zusammenhang gelesen, zeigt, dass die Worte „zu Gottes Lob“ nicht ein Anhängsel sondern der Aufhänger der Aufforderung Paulus’ sind. Gott zu ehren ist unsere höchste Bestimmung, dieses Ziel zu verfehlen, die eigentliche Sünde.

Was war das Problem, auf das Paulus an dieser Stelle des Römerbriefs zu sprechen kommt? Hier wie auch an anderen Orten fanden sich Juden und Christen auf einmal auf einem gemeinsamen „neuen Weg“ wieder, was einige Spannungen mit sich brachte.

Unterschiedliche Traditionen und Glaubensüberzeugungen treffen auch heute noch in Gemeinden aufeinander. Wenn die Themen auch vielfältiger geworden sind. So uniform wir nach außen erscheinen, sind wir doch eine oft sehr heterogene Mischung von Menschen unterschiedlichster Prägung. Tätowierung und Piercing trifft auf Nylonstrumpf, verschlissene Jeans auf gebügelte Bluse - um nur einmal Äußerlichkeiten zu nennen. Da fällt es manchmal schwer, sich gegenseitig anzunehmen; vor allem, wenn einige anfangen, beide Extreme zu kombinieren.

Ich persönlich habe nichts gegen Piercing oder Ohrtunnel, die oberhalb einer Heilsarmee-Uniform sichtbar werden. Sollen Salutisten doch aussehen, wie Menschen heute aussehen, nur dass sie ein geheiligtes Leben führen. Aber jeder hat da seine eigenen Grenzen. Mancher grämt sich über den vermeintlichen Zeitgeist, ein Anderer tut sich mit Traditionalisten schwer.

Und was ist mit den Versammlungsbesuchern, die sich zu Christus bekennen, aber unverheiratet zusammen leben? Und welchen Raum hat ein junger Mann in unserem Korps, der homosexuelle Empfindungen hat und das nicht verheimlichen möchte? Wie umgehen mit der Glaubensfreiheit der einen und der Gewissensnot der anderen? In diese Situation hinein gehört das Wort der Jahreslosung „Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat…“. Paulus erinnert: Wer waren wir, als Christus uns annahm? In Römer 5,6-10 können wir es nachlesen: Wir waren schwach, gottlos, Sünder, Feinde Gottes.

Von Christus lernen

Hier ist der Maßstab. Zu schnell sind wir dabei, andere in die Form unserer Vorstellung pressen zu wollen. Jede Überzeugung hat ihre unausgesprochenen Forderungen an die jeweils andere Seite. Dabei gilt die Einladung beiden Seiten gleichermaßen! Paulus lenkt unsere Aufmerksamkeit weg von unseren eigenen Befindlichkeiten hin zum Nächsten. In Vers 3 erinnert er: „Auch Christus hat nicht danach gefragt, was ihm selbst gefallen würde.“ Das ist ein wiederkehrendes Element; das ist Teil der Erlösung: von mir selbst wegsehen und den anderen wahrnehmen, sein Wohl suchen und dabei selbst heil werden. Echtes Angenommen Sein bringt Heilung in viele Bereiche unseres Lebens.

So bahnt sich durch unser Tun ein Loblied zur Ehre Gottes an. Vorausgesetzt, uns gelingt echtes Annehmen. Das griech. proslambano meint mehr als ein Hinnehmen oder Akzeptieren, sondern: wir lassen etwas an uns heran kommen, heißen es herzlich willkommen! Es geht hier nicht um persönliche Frömmigkeit, auch wenn sie die Voraussetzung dafür ist. Aber zur Erfüllung des Liebesgebots braucht es ein Gegenüber. Liebe ist nicht nur eine innere Überzeugung oder ein mündliches Bekenntnis, sondern sie geschieht in der konkreten Begegnung am Sonntag oder am Mittwoch auf der Straße, wenn ich dem anderen in seiner Andersartigkeit begegne und ihn nicht nur so stehen lassen kann, sondern ihn liebe, wie er ist – in Wort und Tat!

Woher weiß ich, ob meine Liebe echt ist? Ein Tipp: Höre dir selbst einmal heimlich zu, während du dich im Kreis deiner engsten Vertrauten über andere äußerst. Dann merkst du sehr schnell, was in deinem Herzen ist. Eine andere Messlatte ist unsere Bereitschaft, uns selbst zurückzustellen, um anderen den Zugang zu und das Bleiben in unserer Gemeinschaft zu erleichtern. Solche Opfer können durchaus schmerzen, trotzdem können sie von Herzen gebracht werden.

Wenn unsere Liebe aufrichtig ist, werden wir Christus ähnlich. Christus wird in uns verherrlicht. Die Welt kann ihn in uns sehen. Diese Christusähnlichkeit in unserem Tun bewirkt das Gotteslob, von dem Paulus spricht. Es gehört sicher zu Gottes Lieblingsliedern.

Frank Honsberg

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